Passione.

Der Marktplatz von Rivabella in der Emilia Romagna, zwei Hochleistungsmaschinen und eine Menschenmenge. Passanten umringen den Lamborghini Aventador¹ und die Ducati Panigale. Die beiden Fahrzeuge gehören zum Extremsten, was Ingenieure je auf Räder gestellt haben und auf öffentlichen Straßen fahren darf.

Wenige Meter entfernt sitzen zwei junge Italiener bei einem Espresso und fachsimpeln. „Wie lange braucht ihr für den Gangwechsel?“, fragt Giorgio Sanna. „50 Millisekunden“, antwortet Alessandro Valia. Sein Gesprächspartner kontert verschmitzt: „50 Millisekunden schaffen wir auch. Gleichstand.“ Die beiden sind tief in ihr Gespräch versunken. Die technischen Termini fliegen nur so hin und her.

Giorgio Sanna ist Chef-Testfahrer bei Lamborghini, Alessandro Valia bei Ducati. Die Stammsitze ihrer Unternehmen, Lamborghini in Sant’Agata Bolognese und Ducati im Bologneser Stadtteil Panigale, liegen nur 20 Fahrminuten voneinander entfernt. Die Italiener nennen diese Region liebevoll „Terra dei Motori“, das „Land der Motoren“. Fragt man Giorgio und Alessandro, was denn das Besondere an ihrer motorverrückten Heimat sei, so antworten sie wie aus der Pistole geschossen: „Passione!“ – Leidenschaft! Diese Leidenschaft leben beide Marken unter dem Dach von Audi. Das passt. Die Audi Philosophie „Vorsprung durch Technik“ muss den italienischen Tochtergesellschaften niemand lang erklären.

Die Liste der technischen Gemeinsamkeiten zwischen Supercar und Superbike ist lang. „Das Gewicht ist bei beiden Fahrzeugen möglichst genau in der Mitte konzentriert, wobei die Triebwerke so dicht wie möglich über der Straße liegen“, erklärt der Lamborghini Testfahrer. Auch im Bereich Leichtbau sind beide Unternehmen führend. „Unsere Ingenieure ringen um jedes Gramm Gewicht“, so Alessandro, „bei der Panigale fungiert beispielsweise die Airbox als Teil des Chassis.“ Giorgio berichtet über das Carbon-Monocoque des Aventador. Bei dessen Entwicklung arbeiteten die Lamborghini Experten mit dem Flugzeughersteller Boeing zusammen.

„Das Gewicht ist bei beiden Fahrzeugen möglichst genau in der Mitte konzentriert, wobei die Triebwerke so dicht wie möglich über der Straße liegen.“ GIORGIO SANNA, CHEFTESTFAHRER LAMBORGHINI

„Unsere Ingenieure ringen um jedes Gramm Gewicht.“ ALESSANDRO VALIA, CHEFTESTFAHRER DUCATI

„Dieses Motorrad arbeitet wie ein Computer“, bescheinigt Giorgio der von ausgeklügelter Elektronik gesteuerten Ducati anerkennend. Selbst der Gasdrehgriff der Panigale funktioniert nicht mehr mechanisch, sondern digital wie in einem Flugzeug. Die Motoren von Sportwagen und Motorrad eint ihre ungeheure Leistungskraft, die Avantgarde-Technik und der unvergleichliche Sound. Der bärenstarke Zwölfzylinder-Mittelmotor gehört seit dem legendären Sportwagen Miura zum Familienerbe von Lamborghini. Ein außergewöhnlich effizienter Zweizylinder-Motor, dessen vier Ventile pro Zylinder ohne Ventilfedern arbeiten, ist fester Bestandteil des Ducati Kults. Beide Marken stehen vor der Herausforderung, die Antriebe künftig noch sparsamer und emissionsärmer zu machen, ohne deren ursprünglichen Charakter zu verfälschen. Eine große Aufgabe, bei der sich die Ingenieure beider Unternehmen nun gegenseitig unterstützen.

Giorgio und Alessandro müssen aufbrechen. Beide haben noch einige Testkilometer vor sich. Ob sie ihre Fahrzeuge für eine Testfahrt eines Tages tauschen wollten? Den beiden Profi-Fahrern ist anzusehen, dass es ihnen in den Fingern juckt. „Beim nächsten Mal bestimmt.“ Im „Land der Motoren“ arbeitet man künftig ohnehin enger zusammen.